Mindful Running: Komm in den Flow & fühl dich gut

Stell dir Folgendes vor: Du bist laufen, Ohrstöpsel in den Ohren und hörst gerade deinen Lieblingssong, um dich auf den letzten Kilometern zu pushen. Doch plötzlich gibt dein Handy oder deine Smartwatch den Geist auf. – Och, nö!
In solchen Momenten wird uns erst richtig bewusst, wie sehr wir uns auf Ablenkungen verlassen, um einen Lauf zu beenden oder die Langeweile zu vertreiben. Es besteht zwar kein Zweifel daran, dass ein guter Song uns so pushen kann, dass wir das Tempo erhöhen, aber dabei entgeht uns die Schönheit eines achtsamen Laufes.
Durch achtsames Laufen kannst du Körper und Geist in Einklang bringen, Freude an den kleinen Momenten finden und die Schönheit um dich bewusst wahrnehmen. Letztlich kann das zu einem zufriedeneren Laufstil führen, bei dem du deine Aufmerksamkeit ganz auf dein Ziel richtest, Körper und Geist verschmelzen und du in den Flow-Zustand eintauchst.
Was ist Achtsamkeit?
Achtsamkeit ist „ein geistiger Zustand, der als therapeutische Technik eingesetzt wird. Man erreicht ihn dadurch, dass man seine Aufmerksamkeit ganz auf das Hier und Jetzt lenkt, während man Gefühle, Gedanken und Körperempfindungen gelassen zur Kenntnis nimmt und akzeptiert.”(1)
Achtsamkeit hat viele Vorteile, z. B. können dadurch Stress, Ängste und Schlaflosigkeit verringert werden.(2) Achtsamkeit lässt sich nicht über Nacht erlernen; die meisten Expert * innen empfehlen ein achtwöchiges Trainingsprogramm, um vollständig in die Praxis einzutauchen.
Obwohl die Forschung zeigt, dass Achtsamkeit nicht zu signifikanten leistungssteigernden Ergebnissen führt(3), reichen die psychologischen und emotionalen Vorteile weit über sportliche Leistungen hinaus.
Was ist flow?
Im Flow-Zustand sein, bedeutet voll fokussiert zu sein. Psycholog * innen beschreiben ihn als einen Bewusstseinszustand, bei dem eine Person voll und ganz in einen Moment eintaucht, ohne sich ablenken zu lassen. Die Aufgabe, der wir uns widmen, gelingt uns mühelos und wir sind glücklich.(4)
Läufer * innen, die den Flow-Zustand erreichen, berichten, dass sie Höchstleistungen erbringen: Ablenkungen werden ausgeblendet, der Fokus ist auf die Ziellinie gerichtet und man empfindet Freude. Läufer * innen, die über diesen Flow-Zustand sprechen, sagen selbst, dass sie bessere Leistungen erbringen können, schneller laufen oder mehr Kilometer zurücklegen.(5) Dieser Flow-Zustand kann durch Achtsamkeitspraxis erreicht werden.
Mindfulness bringt Motivation
Das Üben von Achtsamkeit hat das Potenzial, unsere intrinsische Motivation zur körperlichen Betätigung zu steigern. Intrinsische Motivation bezieht sich auf die Motivation aus persönlichem Vergnügen.(6)
In einer Studie wurde festgestellt, dass „Achtsamkeit und Akzeptanz die Rückfallprävention bei Personen erleichtern, die erfolgreich ein Bewegungsprogramm begonnen haben.”(7) Mit anderen Worten: Achtsamkeit und Akzeptanz können dir dabei helfen, deine Neujahrsvorsätze oder andere Ziele konsequent zu verfolgen und zu erreichen.
Achtsamkeit ermöglicht es uns, Akzeptanz zu üben, und kann dabei helfen, negative Erfahrungen zu erkennen und sie als weniger bedrohlich zu empfinden.(8)
Dank Achtsamkeit mentale und physische Barrieren überwinden
Mindful Running ist ein guter Weg, um Unbehagen oder negative Gefühle zu akzeptieren und zu beseitigen. Wenn beim Laufen ein negativer Gedanke auftaucht, kann das deine Leistung beeinträchtigen.
Ganz gleich, ob du dich plötzlich an eine Besorgung erinnerst, die du noch erledigen musst, oder ob du an einem Rennen teilnimmst und dir der Druck zu viel wird – wie du an einen Stressor herangehst, bedingt deine emotionalen Reaktionen. Das wiederum wirkt sich auf das leistungsbezogene Verhalten aus.(9)
Was ist mit körperlichen Schmerzen? Eine Studie hat gezeigt, dass Meditation dazu beitragen kann, die Gehirnregionen zu kontrollieren, die mit der Konstruktion des Schmerzerlebnisses verbunden sind, und somit Schmerzen zu lindern.(10)
Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass die Einbeziehung von Achtsamkeit in den Rehabilitationsprozess bei Läufer * innen mit patellofemoralen Schmerzen (Läuferknie) zu einem schnelleren Einsetzen der wahrgenommenen therapeutischen Wirksamkeit führt.(11)
Übe bei deinem nächsten Lauf Achtsamkeit
In ihrem Buch Mindful Running: How Meditative Running Can Improve Performance and Make You a Happier, More Fulfilled Person, beschreibt Fitnessjournalistin Mackenzie L Harvey drei Schritte, um beim Laufen in den Flow-Zustand zu gelangen.
- Konzentrier dich auf deinen Körper, deinen Geist und deine Umgebung und beobachte, welche Gedanken, Gefühle und Empfindungen du in diesem Moment hast.
- Ergründe diese Informationen: Beurteile dich selbst ganzheitlich und entscheide, ob du hier etwas verändern musst.
- Befolgst du diese Schritte, tauchst du in den Flow ein. Du bist aufmerksam, konzentriert und glücklich.
Hier ein paar Tipps, die dir bei Schritt 1 und 2 helfen:
- Meide Ablenkungen: Trenn dich von technischen Geräten oder ignoriere sie und konzentrier dich auf deine Körperempfindungen oder andere Aspekte des Laufens (siehe unten).
- Umgebungs-Scan: Achte auf deine Umgebung, wenn du draußen in der Natur läufst.
- Konzentrier dich auf deine Atmung: Achten darauf, wie sie sich verändert, versuch, einen Rhythmus zu finden und tauche in diesen ein.
- Body-Scan: Achte auf andere Elemente wie den Aufprall deiner Füße auf dem Boden, deine Haltung, die Spannungen, die in deinem Körper entstehen (sind deine Schultern und dein Kiefer angespannt?), aber vermeide es, an alles gleichzeitig zu denken, wähle einen „Ankerpunkt”, auf den du immer wieder zurückkommen kannst.
- Fang klein an: Achtsamkeit ist eine Praxis, die du Schritt für Schritt aufbauen musst, nicht etwas, das du sofort beherrschen kannst. Beginn also mit kurzen Läufen oder Experimenten, und fühl dich nicht schlecht, wenn deine Gedanken abschweifen. Richte deine Aufmerksamkeit wieder auf deine Praxis oder deinen „Anker”, wenn das passiert. Du musst nicht perfekt sein.
Vorteile von Achtsamkeit über das Training hinaus (neuroplastizität)
Wie bereits erwähnt, reichen die Vorteile der Achtsamkeit über das Training hinaus. Achtsamkeit gibt uns die Möglichkeit, uns mit unserem aktuellen emotionalen Zustand auseinanderzusetzen und die Reaktionen unseres Körpers auf Stress besser zu kontrollieren.
In ihrem Buch beschreibt Harvey den Begriff „Neuroplastizität” wie folgt: „Neuroplastizität ist die Fähigkeit des Gehirns, sich dauerhaft zu verändern.”
Anders gesagt: Unsere Reaktionen auf Ärger und Stress sind nicht ein für alle Mal vorbestimmt, bzw. unveränderlich: Mit Achtsamkeit können wir dazu beitragen, diese Reaktionen in unserem Gehirn neu zu programmieren.
Eine Studie mit Teilnehmer * innen, die ein achtwöchiges Achtsamkeitstraining absolvierten, ergab, dass Achtsamkeit mit Veränderungen in der Konzentration der grauen Materie in Gehirnregionen einhergeht, die an Lern- und Gedächtnisprozessen, der Emotionsregulierung, der selbstbezogenen Verarbeitung und der Perspektivenübernahme beteiligt sind.(12)
Probier es selbst aus
Lass bei deinem nächsten Lauf deine Kopfhörer zuhause! Achtsamkeitsübungen brauchen Zeit und anfangs wirst du also wahrscheinlich merken, dass deine Gedanken abschweifen. Das ist okay. Sei geduldig und versuch es einfach noch mal.
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