Dein Partner hat zugenommen? So bringst du es ihm oder ihr bei

Nehmen wir an, dein Partner hat in letzter Zeit an Gewicht zugenommen. Ich spreche hier nicht von ein paar kosmetischen Kilos, denn ich denke, wir sollten unsere Partner so akzeptieren, wie sie sind, auch mit ein paar Extrakilos. Sagen wir also, du machst dir wirklich Sorgen um die Gesundheit und Vitalität deines Partners, und möchtest dieses Thema ansprechen – weil es sowieso zwischen euch steht. Wie geht man das am besten an?
Das Risiko, dass dein Gegenüber dies unweigerlich als negatives Feedback oder Kritik auffasst, ist hoch. Herr Sutton, ein Psychologe der Stanford University, behauptet, heutzutage sind wir es weder gewöhnt zu kritisieren, noch kritisiert zu werden. Obwohl es ohne Feedback und Kritik keinen Fortschritt gäbe – nirgendwo. Einem Freund werfen wir schnell mal einen Blick auf das um den Bauch herum spannende Hemd und fragend neckend, ob er denn ein paar Wohlstandspfunde zugelegt hat. Aber je näher uns Menschen stehen, desto schwerer fällt uns ehrliches Feedback. Vor allem, wenn es um heikle Themen geht. Gewicht ist so ein kritisches Thema – besonders für die Damen unter uns. Da kann ein lustig gemeintes Kneifen in die Bauchspeckgegend schon mal Auslöser für tagelangen Liebesentzug werden.
Wenn jemand eine Waffe auf uns richtet, bleiben uns zwei Möglichkeiten: angreifen oder verteidigen. So machen wir es auch in (Beziehungs-)Gesprächen, vor allem, weil wir Worte (unbewusst) als Waffen wahrnehmen. Auch wenn Kritik noch so positiv serviert wird, reagieren wir reflexartig meist mit Verteidigung.
Alles was wir sagen, kann auf unterschiedliche Arten verstanden werden:
Er: „Schatz, die Ampel ist grün.”
Sie: „Fahre ich oder fährst du?!”
Die Aussage „Schatz, die Ampel ist grün” kann mehrdeutig verstanden werden. Im obigen Beispiel hat die Frau die Aussage wahrscheinlich als Appell – „Fahr doch endlich” – oder als Kritik am Fahrstil aufgeschnappt. Wie dein Gesprächspartner deine Nachricht empfängt, kannst du wenig vorhersehen, aber du kannst einiges tun, um das „richtige Ohr“ auf besseren Empfang zu stellen und so eine mögliche Verteidigungsreaktion abfedern. Dabei ist wichtig, gut vorbereitet, behutsam und mutig in das Gespräch zu gehen. Wie du deine Kommunikation entwaffnest oder zumindest einen Waffenstillstand bewirken kannst, verrate ich dir:
So besser nicht:
„Vielleicht verzichtest du heute besser auf das Stück Kuchen, Schatz?”
Ist zwar offen und ehrlich, führt aber zu nichts. Bei einer Studie mit 1.300 Frauen bewirkte das Einmischen der Partner in ihr Essverhalten das genaue Gegenteil und sie hatten vermehrt Essanfälle, nahmen Abführmittel oder entwickelten ein ungesundes Verhältnis zum Essen. Also, besser nicht einmischen und kontrollieren, sondern unterstützen.
Vielleicht so?
Passende Atmosphäre schaffen
Um so ein Thema anzusprechen, sollte genügend Zeit und Ruhe vorhanden sein – ev. Abends, wenn keine Anrufe oder E-Mails mehr eintrudeln. Achtung: Die Zeit rund um den Geburtstag oder Weihnachten ist generell hektisch und emotionsgeladen, also eher unpassend 😉
Sei wertschätzend und respektvoll
Wie du in den Wald hineinrufst, hallt es zurück. Gehst du mit Wertschätzung und Respekt in das Gespräch, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass dir dein Partner auch so begegnet. Lass deine bessere Hälfte spüren, dass du es gut mit ihr meinst. So genanntes „Stroking” (Streicheln), also schmeichelnde Worte, kann hier hilfreich sein. So vermittelst du dem anderen, dass du ihm wohlgesinnt bist.
Achte auf deine Körpersprache
Eine Geste oder Miene sagt mehr darüber, wie wir über andere denken, als hundert Worte. Nimm eine Körperhaltung ein, die Zuneigung statt Ablehnung ausstrahlt. Ein aufmerksamer Blick, den Kopf etwas zur Seite geneigt, sodass dein Hals sichtbar ist, zeigt dem anderen „Hey, auch ich mache mich verletzlich“. Verschränke die Arme besser nicht und beuge dich dafür etwas zu deinem Partner nach vorne.
Sei offen und ehrlich
Auch wenn die Wahrheit manchmal unangenehm ist, Ehrlichkeit währt am längsten. Sprich deine Gedanken offen an, bevor du deinem Lebenspartner eine Waage oder ein Fitnessgerät zum Geburtstag schenkst und heimlich den Aktiv- statt All-Inclusive-Urlaub buchst. Vorsicht: offen und ehrlich heißt nicht gemein. Vor allem der Ton macht die Musik, achte auf eine positive Wortwahl.
Sende Ich-Botschaften
Hisse gleich am Anfang die Friedensflagge und lass den anderen wissen, dass du dir unsicher bist, wie du dieses Thema ansprechen sollst, und erstmal einen Versuch startest. Frag deine bessere Hälfte, ob sie damit einverstanden ist. Er oder sie wird vermutlich mit „ja” antworten und damit ist ein positiver Beginn vorausgesetzt.
Wende die VW-Technik an
Es gibt die Redewendung: „Vorwürfe sind schlecht formulierte Wünsche”. Genau darum geht es bei der VW-Technik: Vorwürfe in Wünsche umzuwandeln. Überlege dir im Vorfeld, was du dir von deinem Partner denn eigentlich wünschst. Da die meisten Leute eher vital durchs Leben gehen, hat dein Partner vielleicht den gleichen Wunsch, und ihr könnt gleich darüber reden, wie ihr diesen Wunsch gemeinsam realisieren könnt.
Motivation statt Druck
Schlage gemeinsame Aktivitäten vor, die euch beiden einen gesünderen Lebensstil garantieren. Gemeinsam joggen gehen, einen Tanzkurs besuchen oder mehrmals pro Woche frisch und gesund kochen. Übrigens haben Paare, die regelmäßig gemeinsam joggen, häufiger und besseren Sex. Doppelt praktisch – ihr verbrennt zusätzliche Kalorien und stärkt eure Beziehung.
Hol Feedback ein
Frag nach, wie du deine(n) Liebste(n) am besten motivieren kannst, was ihm helfen würde und wie du dich auf unterstützende Weise einbringen kannst. Verläuft das Gespräch gut, frag auch gleich nach, wie du ihn bzw. sie in Zukunft auf dieses Thema ansprechen darfst. Geht das Gespräch trotzdem nach hinten los, besteht die Möglichkeit, deinen Partner daraufhin zu fragen, wie du denn solche Themen am besten mit ihm besprichst und was er bräuchte, damit du deine Bedürfnisse und Vorschläge äußern kannst. Wie du es auch anstellst, wichtig ist vor allem, dass du ein gutes Vorbild bist. Drehst du dich selbst nochmal im Bett um, anstatt morgens zu joggen, liegst abends mit einer Hand in der Chipspackung auf der Couch und schnallst deinen Gürtel monatlich ein Loch weiter, führt dies eher nicht zum Erfolg (weder bei dir, noch bei deinem Partner). Männer und Frauen werden sich im Laufe einer Beziehung immer ähnlicher, fängst du also bei dir an, ist das sicher der beste Start.
Übrigens, solltest du derjenige sein, der Feedback von seinem Partner bezüglich Gewicht bekommt, versuche – statt dich reflexartig zu verteidigen – erst einmal tief Luft zu holen und die Kritik als gut gemeint und positiv anzunehmen. Ist gar nicht so leicht 😉
Bis bald,
Vera
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