Eater’s High – So vermeidest du emotionales Essverhalten

von Mag. Karin Lobner:
Runner’s High bezeichnet bei Sportlern einen euphorischen Zustand, bei dem jegliche Anstrengung vergessen wird und man das Gefühl hat, man möchte nichts anderes mehr in seinem Leben machen, als zu laufen. Auch Essen, das wir genießen, kann uns aufheitern und entspannen. Doch wie bei jedem High – wenn es zu viel wird, folgt der Kater danach.
Bei Stress und negativen Gefühlen steht nicht die Freude am Essen im Vordergrund. Stress bedeutet für den Körper einen Alarmzustand. Dieser Zustand führt dazu, dass manche Menschen gar nichts essen können und sogar Übelkeit verspüren. Andere reagieren bei Stress mit Essanfällen. Wenn du dich gestresst fühlst, egal ob körperlich oder emotional, aktiviert dein Körper automatisch eine Stressreaktion. Ein Adrenalinstoß geht durch den ganzen Körper.
Viele Menschen sind auf Diät oder „achten auf ihr Gewicht“. Das heißt, man muss ständig kontrollieren, was und wie viel man isst. Hungersignale werden missachtet – immerhin soll der Körper in die kleinere Kleidungsgröße passen. Gerade bei dieser Art des kontrollierten Essverhaltens kann Stress leicht zu Essanfällen führen. Denn jede Art der Esskontrolle verbraucht Energie, da man starke Mechanismen der Biologie außer Kraft setzen muss. Wenn der Stress groß wird, verliert man die Kontrolle, weil die Energie dafür fehlt. Manchmal reicht es, einen anstrengenden Tag gehabt zu haben, sodass man nicht mehr beim Fast-Food-Lokal vorbeigehen kann und schon am Weg nachhause den ersten Snack braucht. Nachdem aber die ursprünglichen Mechanismen wie Hunger und Sättigung außer Kraft gesetzt sind, kommt es zum Überessen.
Oft sind es dann genau die Nahrungsmittel, die man sich sonst verbietet, wie z.B. Schokolade. Je mehr man versucht, diese Nahrungsmittel zu meiden, umso stärker wird das Verlangen. Und wenn dann die Kontrolle in einer Stresssituation zusammenbricht, setzen die Schuldgefühle und Reue ein.
Was kann man tun, wenn man in dieser Diätfalle sitzt?
Wenn das stressbedingte Essen ständig die Bemühungen um ein entspanntes Essverhalten untergräbt, müssen andere Bewältigungsstrategien gefunden werden. Zuerst sollte man die entsprechenden Situationen identifizieren, die das übermäßige Essen auslösen. Jetzt hast du die Möglichkeit, entweder die Situation zu meiden oder sie zu verändern. Manchmal ist das aber gar nicht so einfach, immerhin kann man nicht gleich den Job kündigen und sich vom Partner trennen. Dann braucht es alternative Wege, um mit dem Stress umzugehen. Das kann sein, eine Entspannungstechnik zu lernen, einen Spaziergang zu machen, aber auch sich sozial zu engagieren oder das Strickzeug wieder hervorzuholen.
Wichtig ist es, die Schuldgefühle, die mit dem Essen verbunden sind, loszuwerden – denn auch diese lösen Stress aus und man befindet sich in einem Teufelskreis zwischen Essen und Nicht-Essen. Dafür muss man seine Beziehung zum Essen und auch zum eigenen Körper überdenken, damit Essen wieder eine angenehme, lustvolle Erfahrung wird. Essen darf und soll Glücksgefühle auslösen, ohne dass es zum Kater danach kommt.
Über Karin:
Karin ist selbständige Ernährungswissenschafterin und Psychotherapeutin in freier Praxis, Kinder- und Jugendpsychotherapeutin mit Spezialgebiet Essverhalten und Übergewicht. Buchautorin von Ich mache keine Diät mehr (Kneipp Verlag). www.gefühlsküche.at
***