Faszientraining: Warum es so wichtig ist und wie du es richtig machst

Du hast sicher schon einmal von Faszientraining und Foam Rolling gehört oder gelesen. Doch was genau sind Faszien, warum sollte man sie trainieren und wie macht man das am besten?
Susanne Linecker, Expertin für Faszien, weiß genau um die Bedeutung der Faszien und erklärt, warum man auf sie keinesfalls vergessen darf. Ganz im Gegenteil: Gezieltes Faszientraining schützt vor Verletzungen und hat viele weitere Vorteile.
Faszien – was ist das?
Faszien (umgangssprachlich bezeichnet man sie als „Bindegewebe”) sind der Baustoff, der unseren ganzen Körper durchzieht, die Organe umhüllt und uns Form und Struktur gibt.
An einer aufgeschnittenen Orange kann man gut das fein verzweigte, weiße Gerüst erkennen, das der Frucht ihre Form verleiht und Flüssigkeit sowie Fruchtfleisch in kleinsten Kammern in Position hält. Faszien haben eine vergleichbare Aufgabe im menschlichen Körper. „Was viele nicht wissen: Aufgrund ihrer vielen Sensoren für Bewegung, Lage, Spannung, Druck und Schmerz sind sie dazu auch unser größtes Sinnesorgan, da sie mehr Fläche einnehmen als die Haut”, sagt Susanne Linecker, die als Ergotherapeutin in der Handrehabilitation sowie im stationären Bereich in der Orthopädie und Neurologie arbeitet.
Faszien spielen also für unseren Körper, unser Wohlbefinden, unsere Wahrnehmung, unsere Beweglichkeit und das Vermeiden von Verletzungen eine wesentliche Rolle.
Die 4 wichtigsten Funktionen der Faszien:
- Formen
- Bewegen
- Kommunizieren
- Versorgen
Die 4 Trainingselemente für Faszien:
1) Dehnen
„Dehnen verbessert die mechanischen Eigenschaften der Faszien. Da Faszien in bestimmten Zugbahnen im Körper, sogenannten Ketten, verlaufen, beachten wir hier, dass eine solche Kette möglichst in ihrer gesamten Länge angesprochen wird. Deshalb wird beim faszialen Dehnen immer der ganze Körper miteinbezogen. Eine gute Dehnübung, bei der die Faszienkette, die an der Rückseite des Körpers vom Scheitel bis über die Fußsohle verläuft, gedehnt wird, ist die Folgende: Die Beine sind gestreckt, eines steht auf der Kante eines Stuhls. Dabei streckst du beide Arme gerade nach vorne und neigst deinen Körper leicht nach vorne, der Rücken bleibt aber gerade. Dabei streckst und reckst du dich in alle Richtungen, um durch ständige Winkelvariationen alle Anteile des Faszienareals anzusprechen. Die Vorstellung einer Katze, die sich räkelt und streckt, ist eine gute Visualisierungsübung für fasziale Dehnübungen.”
2) Federn
„Federnde Bewegungen, wie zum Beispiel Butt Kickers, Hopsalauf und High Knees, sind ein wesentlicher Teil des Faszientrainings. Ziel dabei ist, Strukturen zu kräftigen und ihre elastische Speicherfähigkeit zu trainieren. Das Prinzip der Spannungsenergie gehört zu all diesen Übungen, die mit elastischen Rückfederbewegungen arbeiten. Elastische Sprünge sind zum Beispiel für Läufer besonders wichtig. Sie trainieren vor allem die, bei Sportlern so häufig von Verkürzungen und Schmerzen betroffene, Achillessehne sowie die Wadenaponeurose. Die Plantarfaszie unserer Fußsohle fängt dabei alle Sprünge sanft ab und überträgt die Kraft beim Absprung wieder in den Boden.”
3) Spüren
„Im Faszientraining wird das Bewusstsein für Bewegung und Koordination mittels Wahrnehmungsübungen verbessert. Die Schulung von Bewegungssinn und Tiefensensibilität gewinnt gerade in der jetzigen Zeit, in der wir uns oft viel zu wenig bewegen, zunehmend an Bedeutung. Diese Übungen sollen bewusst und ohne Ablenkung ausgeführt werden. Nur wer seinen Körper gut wahrnimmt, kann ihn auch gut und fein dosiert bewegen und im Optimalfall Verletzungen vermeiden.”
4) Beleben
„Das Beleben der Faszien dürfte wohl eine der bekanntesten Formen des Faszientrainings sein. Es geschieht über eine Art Selbstmassage der Faszien mit speziellen Schaumstoffrollen (i.e.: Foam Roll), Tennis- oder Gummibällen. Über Druck, der auf das Bindegewebe ausgeübt wird, kommt es zu einem Flüssigkeitsaustausch im Gewebe, es werden Lymphe und Stoffwechselprodukte abtransportiert. Faszien lieben langsamen, schmelzenden und gut dosierten Druck, der den Faszien-und Muskeltonus senkt und selbst Verspannungen und Verklebungen lösen kann. Viele machen dabei den Fehler, nach dem Training viel zu schnell zu rollen. Schnelles Rollen wirkt aber auf das Fasziengewebe eher belebend und baut Spannung auf, daher sollte es vor einer Belastung geschehen und nicht danach!”
VIDEO: Wie man Foam Rolling richtig macht (+ einige Übungen)
Wie häufig sollte man trainieren?
„Faszientraining kann, muss aber nicht, als eigenständiges Training angesehen werden. All jene, die ohnehin ihren fixen sportlichen Wochenplan mit verschiedenen Trainings haben, würde ich empfehlen, faszienbetonte Anteile einfach intensiver in das bestehende Programm zu integrieren. Für alle, die beruflich viel sitzen, hier ein guter Tipp: Tagsüber immer wieder die Arme hochnehmen, sich räkeln und strecken – wie am Morgen nach dem Aufwachen – und dabei eine wohltuende Zugspannung im Körper produzieren. Zusätzlich ist natürlich auch das Ausrollen der Unterarme, Nacken, Fußsohlen mit Ball oder Schaumstoffrolle eine tolle Möglichkeit für zwischendurch. Wer seinen Faszien längerfristig etwas Gutes tun will, sollte regelmäßig 2-3 Mal wöchentlich ein faszienbetontes Training durchführen.
Hoffentlich hat dir dieser Post die vielen Vorteile vom Faszientraining näher gebracht und dich dazu motiviert, es auch bald in deine Trainingsroutine mit aufzunehmen. Lasst uns doch in den Kommentaren wissen, wie ihr Faszientraining in euer Workout einplant.
Über Susanne Linecker:
Als begeisterte Läuferin und Hobby-Triathletin fand Susanne Linecker nach einer Verletzung zum Faszientraining und war von den Erfolgen begeistert. Beruflich arbeitet sie als Ergotherapeutin in der Handrehabilitation sowie im stationären Bereich in der Orthopädie und Neurologie. Neben Techniken der Faszienbehandlung setzt sie mit Begeisterung auch aktives Faszientraining zunehmend mit Patienten aller Altersschichten ein. Aktuell bildet sie sich gerade zur Fascial Fitness Trainerin weiter.
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