Mary Keitany: ein Leben wie ein Marathon

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
Mary Keitany wurde nicht als olympische Athletin geboren. Niemand wird das. Egal, ob Laufen als Hobby oder professionell betrieben wird – wenn wir trainieren, wollen wir uns dabei körperlich gut fühlen, unsere Ziele erreichen, und freuen uns, wenn wir Hindernisse überwinden.
Beim London Marathon 2017 legte Mary Jepkosgei Keitany eine Zeit von 2:17:01 hin und hält damit den Weltrekord im Frauenmarathon. Ihr Weg dahin war ein weiter: Sie musste sich gegen ihre Konkurrenz durchsetzen, wurde Mutter dreier Kinder, musste sich von Verletzungen erholen und gleichzeitig für die Zukunft vorsorgen. In diesem Interview spricht sie über ihre Erfahrungen und wie es möglich ist, regelmäßig laufen zu gehen (egal auf welchem Level man ist), das Training in den Alltag zu integrieren und dieselbe Freude, die sie dabei empfindet, daran zu haben.
Was ist Ihre erste Erinnerung an ein Rennen?
Ich erinnere mich gut an einen Wettbewerb in Spanien. Es war das erste Mal, dass ich international angetreten bin. Ich war damals bereits 24 Jahre alt, wusste schon, wie man trainiert und war reif genug, meine eigenen Entscheidungen zu treffen. Aufgrund der Geburt meines ersten Kindes machte ich kurz danach meine erste Karrierepause.
Sie sind Mutter und professionelle Läuferin – wie ist das so?
Mutter und Profiläuferin zu sein sowie Sport in der Schwangerschaft bringen viele Herausforderungen mit sich. Ich muss mein Training so planen, dass es in den Zeitplan und zu den Bedürfnissen meiner Familie passt und diese nicht vernachlässigt. Mutter zu sein ist aber auch eine vollkommen natürliche und normale Sache, welche auch dabei hilft, das Laufen nüchtern zu betrachten und die Dinge so zu sehen, wie sie wirklich sind. Eine andere Art von Challenge war es, mit der natürlichen Gewichtszunahme in der Schwangerschaft und nach der Geburt umzugehen. Anfangs war es schwierig, denn mein Körper hat sich während und auch nach der Schwangerschaft stark verändert. Ich musste hart daran arbeiten, in meine alte Form zurückzufinden. Aber meine Kinder halfen mir dabei, aktiv zu bleibe. So konnte ich mich erneut auf mein nächstes Ziel konzentrieren.
Was hat Sie zu der Läuferin gemacht, die Sie heute sind?
Wir werden alle von unserem Umfeld, Erziehung und, natürlich, unseren Gene beeinflusst. Ich denke, es ist fair zu sagen, dass mein größtes Glück war, dass ich das Laufen im Blut habe. Ich bin Kenianerin und Kenianer*innen lieben es zu laufen. Von meinen Eltern erbte ich die natürlichen Eigenschaften und Merkmale, um gut darin zu sein. Das hilft aber alles nichts, wenn du nicht die Leidenschaft dafür in dir entdeckst und etwas daraus machst. Es stimmt aber auch, dass man diese Eigenschaften und Merkmale, die olympische Athlet*innen aufweisen, nicht braucht, um beim Laufen Spaß zu haben und es genauso zu genießen wie es die Profis tun.
Wie sind Sie Profiläuferin geworden?
Lange bevor ich 2011 meinen ersten London Marathon gewann, lief ich nur zum Spaß und für mein psychisches Wohlbefinden. Ich habe nicht einmal richtig trainiert, bis ich in meinen Zwanzigern war. Ich habe viele Geschichten über mich selbst gelesen, in denen ich als „Spätzünderin“ beschrieben werde. Das ist wahr. Meine Eltern schenkten mir das Herz, die Lunge und die Beine, um eine erfolgreiche Sportlerin zu werden, aber sie hatten immer finanzielle Schwierigkeiten – ich bin ohne Elektrizität und fließendes Wasser aufgewachsen. Meine vier Schwestern wohnten bei unseren Nachbar*innen, da es sich meine Eltern nicht leisten konnten, uns alle zu ernähren. Als ich 15 Jahre alt war, verließ ich die Schule, hörte auf zu laufen und wurde ein Hausmädchen. Es dauerte noch zwei weitere Jahre, bis ich wieder in der Lage war, meine Ausbildung fortzusetzen. Diese zweijährige Pause war die erste von einigen, die meine Karriere kennzeichnen. Eine Pause vom Training zu nehmen, um meine Zeit etwas anderem zu widmen, bringt unweigerlich Herausforderungen mit sich, ist aber gleichzeitig dafür verantwortlich, dass ich trotz meines Alters von 38 Jahren bei Wettbewerben immer noch auf höchstem Niveau antrete.
Gab es Rückschläge?
Wie alle Athlet*innen erlitt auch ich Sportverletzungen. Aber meine Karrierepausen haben dafür gesorgt, dass ich nicht unter Stressverletzungen leide, wie sie bei Läufer*innen, die in einem kontinuierlichen Jahreszyklus trainieren und an Wettkämpfen teilnehmen, häufig auftreten. Es ist wichtig, dir klar darüber zu sein, dass du, wenn du einen Rückschlag erlebst – was auch immer das sein mag – dich schonen solltest. Wenn sich dein Leben stark verändert hat oder du dich verletzt hast, nimm dir Zeit. Wenn du dich selbst unter Druck setzt, um dich schnell zu erholen, wird der Prozess nur länger dauern, also nimm dir genügend Zeit für deine Regeneration. Am besten versuchst du, Gewohnheiten zu entwickeln, die dir helfen, Sportverletzungen von vornherein zu vermeiden.
Wie beeinflusst Ihr Alter Ihr Lauftraining?
Anfangs ist das Lauftraining sehr anstrengend, und je älter ich werde, desto smarter muss ich beim Training sein. Heutzutage mache ich viel mehr Dehnungs- und Bewegungsübungen und gönne mir regelmäßige Massagen. Es ist immer besser, Verletzungen zu vermeiden, als zu wissen, wie man sie behandelt – das solltest du dir immer vor Augen halten, ich tu es auch.
Welche Ratschläge geben Sie anderen Läufer*innen?
Der beste Rat, den ich den Läufer*innen geben kann, ist, dass die größte Belohnung im Innern zu spüren ist: Sie entsteht durch die Zufriedenheit, hart trainiert und das Beste aus sich herausgeholt zu haben. Laufen ist ein Wettkampf. Manchmal ist man selbst der*die größte Gegner*in. Wie schnell oder langsam du auch sein magst, der größte Erfolg ist es, schneller zu laufen als du es davor getan hast.
Die Olympischen Sommerspiele 2020 wurden verschoben – wie sehen Ihre Pläne jetzt aus?
Dass die Olympischen Spiele 2020 verschoben worden sind bedeutet für mich, dass ich nur noch sechs Monate von meinem 40. Geburtstag entfernt sein werde, wenn der Tokio-Marathon stattfindet. Es wird meine letzte Chance sein, olympisches Gold zu gewinnen, und ich bin entschlossen, in bester Form an den Start zu gehen. Es besteht kein Zweifel daran, dass ich mit einem großartigen Team um mich herum mein Wettkampfniveau halten konnte. Mein Mann ist ein ehemaliger Athlet und kennt daher alle Höhen und Tiefen des Trainings und der Wettkämpfe. Charles hilft uns nicht nur bei der Betreuung unserer drei Kinder – zwei von ihnen sind meine eigenen, während wir auch unseren Neffen adoptiert haben –, sondern spielt auch eine zentrale Rolle bei der Verwaltung unseres Besitzes und der Leitung eines Hotels in Eldoret. Obwohl wir wirklich hart arbeiten mussten, um dorthin zu gelangen, wo wir sind, erinnert uns das Leben in Kenia täglich daran, wie viel Glück wir haben. Aus diesem Grund, und weil so viele Menschen um uns herum Tag für Tag ohne den Luxus eines komfortablen Lebensstils leben müssen, haben mein Mann und ich uns verpflichtet, unsere örtliche Gemeinde zu unterstützen. Wir haben geholfen, eine örtliche Schule mit unseren Renn- und Karriere-Einnahmen zu finanzieren, und sie konnten wissenschaftliche Labors sowie Wohnheime für Student*innen und junge, aufstrebende Sportler*innen errichten.
Train Like You
Marys Story hat dich inspiriert? Diese drei starken Frauen werden es auch – sieh dir an, wie sie Laufen und Bodyweight-Training zu einem festen Bestandteil ihres Lebens gemacht haben. Du wirst sehen: Du musst kein Profi sein, um Spaß beim Training zu haben. Egal, ob du für ein Rennen trainierst oder einfach deine letzte Zeit schlagen möchtest – mach bei der Train Like You Challenge mit und track deine Minuten mit der adidas Running App und/oder der adidas Training App. Bereit, loszulegen?
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