Wahr oder falsch? ᐅ 5 gängige Mythen rund ums Laufen

Frau läuft in einer Gruppe

von Abe Ankers, Sportwissenschafter

Beim Laufen geht es um mehr, als nur einen Fuß vor den anderen zu setzen. Hast du dich schon mal gefragt, ob sich Krafttraining auch für Läufer*innen lohnt oder ob du Laufen bei Kälte vermeiden solltest? Sportwissenschafter Abe Ankers räumt mit 5 der verbreitetsten Laufmythen auf.

guy resting and stretching

1. „Krafttraining macht dich langsamer”

Das stimmt schlicht und einfach nicht. Die weltbesten Läufer*innen verbringen bis zu 10 % ihrer Trainingszeit mit Krafttraining (1, 2), und das aus gutem Grund: Krafttraining kann deinen Laufstil effizienter machen, und die Ausdauer deiner Muskeln um bis zu 8 % steigern. Außerdem kannst du damit deine Beweglichkeit und Haltung verbessern. (3) Läufer*innen sollten in ihre Trainingsroutine auf jeden Fall auch Krafttrainingseinheiten für ihren Oberkörper einbauen. 

2. „Zum Laufen bin ich zu [beliebige Eigenschaft einfügen]”

Wenn du an Läufer*innen denkst, fallen dir wahrscheinlich gleich Paula Radcliffe und Eliud Kipchoge mit ihren sehnigen, durchtrainierten Körpern ein. Um Läufer*in zu sein, musst du aber nicht so aussehen! Olympia-Sportler*innen machen schließlich nur 0,0001 % der Weltbevölkerung aus. Für alle anderen gilt – ob groß, klein, dick, dünn, jung oder alt – wir alle sind zum Laufen geschaffen und definitiv nicht zum Sitzen am Schreibtisch. Der britische Comedian Eddy Izzard, der mit seinen Plattfüßen und seinem Bäuchlein nicht gerade wie der typische Athlet aussieht, schaffte es 2016 27 Marathons in ebenso vielen Tagen ins Ziel zu bringen. Jetzt, mit 58, versucht er, 28 hintereinander zu schaffen! Er sagt dazu: „Wenn ich es schaffe, jeden Tag 42 km zu laufen, schafft das jeder!“

3. „Vergiss nie auf Stretching vor dem Laufen“

Ganz wichtig: Kein statisches Stretching! Statisches Dehnen bedeutet, deine Muskeln über eine bestimmte Dauer in einer gedehnten Position zu halten. Du hast sicher schon oft Läufer*innen gesehen, die sich vornüber zu ihren Zehenspitzen beugen oder sich bei Übungen an Straßenlaternen festhalten, was NACH dem Laufen auch sinnvoll ist. Aber die Sachlage ist klar: Statisches Stretching VOR dem Laufen reduziert dein Verletzungsrisiko nicht und kann deiner Laufperformance schaden (4).

Wenn du deine Gelenke lockern möchtest und du vor dem Laufen deine Beweglichkeit verbessern möchtest, dann baue dynamische Dehnübungen in dein Warm-up ein. Dynamisches Stretching umfasst Übungen, bei denen deine Muskeln in ihrem vollen Bewegungsumfang gebraucht werden. Dynamische Dehnungsübungen wie Leg Swings oder Side Lunges erhöhen außerdem deine Körpertemperatur und verbessern die Durchblutung deiner Muskeln. Das hilft dir bei der Vorbereitung auf deine Laufeinheit und senkt dein Verletzungsrisiko. 

4. „Vermeide Laufen bei Kälte“

„Wenn du bei Kälte laufen gehst, holst du dir eine Erkältung!“ Das haben wir wohl alle schon gehört. Es stimmt, dass gewisse Krankheiten in der kalten Jahreszeit häufiger vorkommen. Aber hast du gewusst, dass sich weit verbreitete Erkältungsviren bei kaltem Wetter besonders gut in Innenräumen vermehren, da Fenster und Türen geschlossen bleiben? 

Drinnen bleiben ist also nicht die Antwort. Regelmäßiges Training bei mittlerer Intensität unterstützt dein Immunsystem und Laufen im Freien kann dir dabei helfen, deine Winterdepression zu besiegen und vermehrt Kalorien zu verbrennen.

5. „No Pain, no Gain“

Wir alle brauchen manchmal ein bisschen Hilfe, um uns vom Sofa wegzubewegen. Das Mantra „No Pain, no Gain“ scheint bei vielen zu wirken, aber jahrzehntelange Forschungsarbeiten haben gezeigt, dass sich die erfolgreichsten Ausdauersportler mehr als 80 % ihrer Trainingszeit in der „grünen Zone“ bewegen, also mit einer niedrigen, angenehmen Intensität trainieren. (5) (6)

Wenn du also das nächste Mal beim Bergauf-Laufen verzweifelst, zwing dich nicht bis zum Umfallen dazu, deine Pace zu halten. Es ist okay, mal ein Stück zu gehen. Der führende Sportphysiologe  Dr. Stephen Seiler sagt dazu:

„Wenn wir es an den meisten Tagen langsam angehen, haben wir die Energie und Motivation, an manchen Tagen hart zu trainieren. Dann verbessern wir unsere Leistung und können unser Training genießen und nachhaltiger gestalten.“

Fazit

Laufen ist ideal, um fit zu werden, abzunehmen, dich vor Krankheiten zu schützen, deine psychische Gesundheit zu stärken und dein Leben zu verlängern. Deine Trainings sollten dich motivieren, dir Energie spenden und dich verletzungsfrei halten. Vergiss außerdem nicht, dich gesund zu ernähren und dir genug Zeit zur Erholung und Entspannung zu nehmen. Hol aus deinen Laufeinheiten das meiste für dich heraus!

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Abe Ankers Abe, Sportwissenschaftler und Sportphysiologe, liebt Laufen und Radfahren. Außerdem teilt er sein Wissen gerne mit anderen und hilft ihnen so dabei, ihre Ziele zu erreichen. Alle Artikel von Abe Ankers anzeigen