42 km im Big Apple: New York City Marathon Rückblick

von Dr. Moritz Tellmann
Wahnsinn! Unglaublich! Fantastisch!
Jedes dieser Wörter drückt aus, was ich gefühlt habe. Der New-York-City-Marathon ist vorbei, aber ich wünschte, ich wäre immer noch auf dieser tollen, einzigartigen Route durch Manhattan und den Central Park unterwegs.
Aber fangen wir von Anfang an – mit den letzten Stunden vor dem Rennen. Am Vortag beschloss ich, noch im Fitnessstudio vorbeizuschauen. Eine gute Entscheidung? Aus heutiger Sicht, ja. Meine Beine habe ich selbstverständlich nicht trainiert. Das wäre eine schlechte Idee gewesen. Obwohl ich am nächsten Tag 42,195 km vor mit hatte, trainierte ich ganz normal, wie immer: Bankdrücken, Klimmzüge, Kreuzheben/Deadlifts, Arme und Bauch. Und ich fühlte mich großartig. Dieses Workout war der perfekte Start für meine letzte „Carb-loading“-Session. Wenn du deinem Körper keine Kohlenhydrate zuführst, ist das als würdest du einen Porsche mit ein paar Litern Pflanzenöl im Tank fahren – funktioniert einfach nicht. Tagsüber aß ich viel Haferbrei, Obst und Nüsse, begleitet von Kaffee. Am Abend gönnte ich mir Pasta mit Lachs, Weißbrot und Olivenöl. Und ein riesengroßes Dessert.
Der große Tag, 5:30 Uhr: Ich sprang topmotiviert aus dem Bett! Mit der New Yorker Wintersonne im Gesicht zog ich Kompressionsshirt und Shorts an. Und fühlte mich großartig. Der perfekte Tag für einen Marathon.
Vier Stunden später, nach einem Frühstück bestehend aus einem Erdnussbutter-Ei-Bagel (so lecker!), fiel der Startschuss. Los, los, los! Auf geht’s, Manhattan. Die ersten Kilometer vergingen so schnell, dass ich sogar darauf vergaß, auf meinen Orbit zu sehen (unglaublich, ich weiß). Nach knapp 26 km… beschloss ich, ein paar Liegestütze einzulegen. Mein Körper war gut aufgewärmt und ich war wie elektrisiert durch die Anfeuerungen der Bewohner des Big Apple. Also legte ich einfach los! Danach verdrückte ich zwei Kohlenhydrat-Gels und einen Proteinriegel, um wieder aufzuholen. Nach einem Blick auf die Uhr wurde mir klar, dass ich bei einer konstanten Pace eine Zeit unter 3:30 Stunden schaffen konnte. Und so war es auch. Es war hart, meine Pace zu halten, und meine Waden schienen zu schreien: „Was soll das??“ Das hier war kein Training an Geräten wie im Studio. Ich gab ihnen also zu verstehen, sie sollten Ruhe geben. Und das taten sie dann auch.
Die letzten Kilometer waren wirklich hart. Meine Muskeln verlangten nach Sauerstoff, Aminosäuren und Wasser. Über die letzten 6 km feuerten uns immer mehr Menschen an, um uns zur Ziellinie zu bringen. Das ist ein großer, innerlicher Konflikt. Dein Körper sagt, ruh dich aus, und viele Läufer neben mir gingen anstatt zu laufen. Vor allem auf den letzten paar Kilometern. Meine Lösung: noch schneller laufen. Ganz zum Schluss lief ich in einem Endorphinrausch – und mir wurde klar, dass es egal ist, wie stark du bist, wie lang du trainiert oder was du gegessen hast. Das Einzige, was zählt, ist wie du mit Erschöpfung und den Schmerzen umgehst. Als Gewichtheber habe meine Schmerzen wie auch im Fitnessstudio nach Klimmzügen oder Bizeps-Curls behandelt: Ich habe einfach an mein Ziel gedacht, die Medaille, und das Essen, das auf mich wartete. Ich beendete den Marathon mit einer Zeit von 3:27:41. Mit 48.000 Schritten und 4.800 verbrannten Kalorien. Ich war so glücklich wie ein Kind im Spielzeugladen. Jedem, der meint, er könne keinen Marathon laufen, kann ich nur eines empfehlen: Tu es einfach! Du kannst es schaffen und abgesehen von den Muskelschmerzen ist es einfach nur großartig!
Nach dem Rennen ging ich shoppen. Meine Beine durften sich ausruhen, dafür kam meine Kreditkarte zum Zug. Mein Abendessen waren ein paar Proteinriegel und Hühnerbrust, dann fiel ich ins Bett und schlief wie ein Baby. Am nächsten Morgen flog ich glücklich und stolz nachhause.
Ob ich es wieder tun würde? Na klar, die Frage ist nicht ob, sondern wann!
Ernährst du dich vernünftig und trainierst regelmäßig, kannst du dich vor Muskelabbau schützen. Ich kann also aus eigener Erfahrung bestätigen, dass Marathons und große Muskeln die besten Freunde werden können, solang du ihnen beiden denselben Respekt entgegenbringst!
Über Moritz:
Moritz Tellmann ist seit 13 Jahren aktiver Fitness-Athlet. Er arbeitet als Narkose- und Notarzt, ist aber auch ausgebildeter Personal & Fitness Trainer. In seiner Freizeit reist der Hobbypilot viel herum.