Nüchtern laufen am Morgen: die 3 größten Mythen

Auf nüchternen Magen laufen gehen – ja oder nein?
Zu diesem Thema kursieren unzählige Meinungen und Ansichten. Für die einen ist nüchtern laufen fixer Bestandteil des Trainings, für die anderen kommt ein Nüchterntraining nicht in Frage. Wir haben uns die drei größten Mythen angesehen und zeigen, was wirklich dahintersteckt.
1. „Training mit leerem Magen führt zu Muskelverlust.“
Vor allem im Kraftbereich ist die Meinung, dass ein Training ohne Frühstück zu Muskelabbau führt, relativ häufig verbreitet. Aber keine Sorge, so schnell verlierst du deine Muskulatur nicht.
Es wird oft fälschlicherweise angenommen, dass der Körper in der Früh ohne Nahrungszufuhr für eine Trainingsbelastung keine Kohlenhydrate bzw. Glucose (Zucker) zur Verfügung hat. Somit erfolgt die Energiegewinnung über den Abbau von Muskelprotein. Also anders gesagt, der Körper baut Muskulatur ab. Jedoch ist das in dieser Form nicht richtig: Der Körper speichert Glucose (Zucker) in Form von Glykogen (Speicherform von Glucose) in der Leber und Muskulatur. Über Nacht sinkt der Insulinspiegel (dient der Aufnahme von Zucker in den Zellen und hemmt u.a. den Fettabbau) und der Leberglykogenspiegel ab. Der Körper verfügt jedoch noch zusätzlich über die Muskelglykogenspeicher. Wenn du also deinen morgendlichen Lauf startest, dann bezieht dein Körper seine Energie zuerst einmal zum Großteil aus dem gespeicherten Glykogen in deinen Muskeln.
Bei fortschreitender Trainingsdauer werden deine Muskelglykogenspeicher, oder vereinfacht gesagt deine Kohlenhydratspeicher, weitestgehend entleert. Somit ist dein Körper gezwungen, seine Energiebereitstellung umzustellen und vermehrt auf freie Fettsäuren als Brennstoff zurückzugreifen.
Erhöhst du nun auch noch die Intensität deiner Trainingseinheit erheblich, dann muss dein Körper aufgrund des Glykogenmangels und der unzureichenden Energiegewinnung aus den Fetten seine Energie zusätzlich über den Abbau von Protein bzw. Aminosäuren beziehen. Erst dann besteht die Gefahr, dass es zu einem Abbau deiner Muskulatur kommt. Jedoch würden die meisten Läufer*innen vor Erreichen dieses Zustandes ihr Training abbrechen. Denn ein massiver Glykogenmangel geht häufig mit Schwindel, Schwäche und Unwohlsein einher.
2. „Nüchtern laufen am morgen ist die beste Methode zum Abnehmen.“
Auf leeren Magen joggen wird oft als optimale Methode angepriesen, um gezielt Fett zu verbrennen und Gewicht abzunehmen. Es ist zwar richtig, dass bei einem sinnvoll durchgeführten Nüchternlauf der Körper nach einiger Zeit gezwungen ist, seine Energie vermehrt aus freien Fettsäuren zu beziehen, allerdings ist das nicht der entscheidende Faktor beim Abnehmen.
Der prozentuale Anteil der Fettverbrennung an der Energiegewinnung ist sehr hoch, jedoch ist der Gesamtenergieumsatz aufgrund der niedrigen Trainingsintensität und somit der Kalorienverbrauch relativ gering. Bei einer Laufeinheit mit hoher Intensität, wie einem Intervalltraining, ist der prozentuale Anteil der Fettverbrennung an der Energiegewinnung deutlich niedriger. Allerdings ist der Gesamtenergieumsatz und der Kalorienverbrauch um ein Vielfaches höher. Am Ende des Tages zählt beim Abnehmen die Energiebilanz: Hast du mehr Kalorien verbraucht, als du zu dir genommen hast, nimmst du ab. Somit sind Laufeinheiten mit hoher Intensität einem Nüchternlauf vorzuziehen, wenn es ums Abnehmen geht.
3. „Laufen auf leeren Magen steigert die Ausdauerleistung.“
Für Hobbyathlet*innen sind Trainingseinheiten mit leerem Magen nicht wirklich zu empfehlen, wenn sie ihre Leistung steigern wollen. Die Trainingsdauer sowie die Belastungsintensität sind beim Nüchternlauf sehr stark durch den Glykogenmangel begrenzt. Somit ist der gesetzte Trainingsreiz eher gering. Eine qualitativ hochwertige Einheit mit längerer Dauer bzw. höherer Intensität ist zur Steigerung der Leistung sinnvoller.
Wissenschaftliche Studien mit Profisportler*innen haben gezeigt, dass durch ein gezieltes Training mit vorentleerten Glykogenspeichern durchaus positive Effekte erzielt werden können. Es kommt zu einer Optimierung und Ökonomisierung des Fettstoffwechsels. Der Körper lernt, länger mit dem in der Muskulatur gespeicherten Glykogen auszukommen. Allerdings gibt es keine signifikanten Nachweise, dass es dadurch zu einer verbesserten Wettkampfleistung kommt. Gleichzeitig wird darauf hingewiesen, dass es bei regelmäßigem Training mit vorentleerten Glykogenspeichern zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommen kann.
Auch wenn es effektivere Methoden gibt, um abzunehmen bzw. die Ausdauerleistung zu verbessern, kann ein Nüchternlauf eine willkommene Abwechslung im Training sein. Sinn macht diese Methode vor allem für Morgenmenschen, die schon vor dem Frühstück eine Laufeinheit absolvieren wollen.
Auf leeren magen joggen – so geht’s richtig:
- Deine Einheit sollte je nach Trainingszustand zwischen 40 und 60 Minuten dauern.
- Wähle eine niedrige Intensität im regenerativen oder unteren Grundlagenbereich.
- Vor dem Lauf solltest du ein Glas Wasser trinken.
Unser Tipp:
Nutz für das Frühstück das anabole Fenster (oder auch bekannt als „Open Window“) in den ersten 30 Minuten nach deinem Training. Zu dieser Zeit nimmt dein Körper die zugeführten Nährstoffe am schnellsten auf. So kann er seine entleerten Speicher optimal auffüllen.(1)
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