Trainieren vor dem Frühstück: Soll ich auf leeren Magen Sport machen?

Morning workouts

Sport am Morgen mit leerem Magen ist ein Fitnesstrend, den du genauer unter die Lupe nehmen solltest, bevor du loslegst. Denn es lohnt sich, über die Auswirkungen Bescheid zu wissen.

Cardio auf nüchternen Magen …

… ist auch als „fasted Cardio“ bekannt. Es dauert ein paar Stunden, bis sich dein Körper auf den Fastenstoffwechsel umgestellt hat. Da die meisten von uns in der Nacht nichts essen, fällt ein Morgenlauf vor dem Frühstück automatisch unter „fasted Cardio“. 

Warum, fragst du, lässt jemand freiwillig das Frühstück aus? Für manche ist der frühe Morgen schlicht der einzige Zeitpunkt, an dem sie ein Workout in ihrem durchgetakteten Tag unterbringen. Aber der noch bessere Grund, warum Workouts auf leeren Magen so angepriesen werden ist, dass du mit Sport auf nüchternen Magen mehr Fett verbrennst als bei einem Workout nach dem Frühstück. Das ist auch „wissenschaftlich erwiesen”.(1) (2)  Was gibt es also noch zu diskutieren?

Nun ja, es ist etwas kompliziert. Sehen wir uns zuerst mal an, wie unser Körper die Energie gewinnt, die er für das Workout braucht.  

Die Wissenschaft hinter Fasted Cardio

Der Körper setzt hauptsächlich auf drei Energiequellen, um für eine Sporteinheit gerüstet zu sein: Die drei Makronährstoffe Kohlenhydrate, Fett und Protein

Kohlenhydrate werden schnell in Glukose, die bevorzugte Energiequelle des Körpers, umgewandelt. Glukose wird im Blut transportiert und als Glykogen in den Muskeln und der Leber gespeichert. Es ist sehr kurzfristig verfügbar und sehr wichtig für hochintensive Sportaktivitäten.

Der springende Punkt ist: Wenn du auf nüchternen Magen Sport machst, sind deine Glykogenreserven sehr niedrig. Nach einer Nacht ohne Nahrungszufuhr sind die Glykogenspeicher (besonders jene in der Leber) geschrumpft. Wenn deinem Körper also weniger Kohlenhydrate in dieser Form zur Verfügung stehen, greift er verstärkt auf deine Fettreserven zurück.

Und hier der Beweis: Eine Reihe von Studien hat gezeigt, dass Sport auf leeren Magen die Fettverbrennung ankurbelt – sowohl während(3, 4, 5, 6) als auch nach sportlicher Betätigung(7), im Vergleich zu Workouts nach einer Mahlzeit. Nach einem 29-tägigen Ramadan-Fasten hatten Probanden, die auf leeren Magen trainiert hatten, ihren Körperfettanteil stärker reduziert, als jene, die vor dem Workout gegessen hatten – obwohl sie untertags die gleiche Menge an Kalorien zu sich genommen hatten.(8)  Sport auf nüchternen Magen wird auch mit einer verbesserten maximalen Sauerstoffkapazität (VO2max) – dem Goldstandard in der Messung aerobischer Fitness(9) – und einer verbesserten Radsportperformance in Verbindung gebracht.(10)

Alles klar: Frühstück auslassen = extrem effizientes Fettverbrennungsworkout, oder wie? So einfach ist es leider auch wieder nicht … 

Auch wenn die Wissenschaft das alles bestätigt, haben Workouts auf leeren Magen Auswirkungen, die du kennen solltest.

Der „Hungerast”

Fasten …

… als Methode, um deine Glykogenspeicher zu leeren und Fett als Energiequelle heranzuziehen, klingt vielleicht erfolgversprechend, kann sich jedoch auch negativ auf deine Trainingskapazität auswirken.

Es kann z.B. passieren, dass du Bekanntschaft mit dem „Hungerast”, oder „Mann mit dem Hammer“ machst: einem plötzlichen Leistungseinbruch infolge eines akuten Kohlenhydratmangels. Das in der Leber gespeicherte Glykogen ist besonders schnell aufgebraucht und dieser Speicher wird üblicherweise über Nacht oder durch eine anstrengende Aktivität fast zur Gänze geleert. 

Wenn du längere Zeit nichts isst, wird das Glykogen aus deiner Leber zur hauptsächlichen Energiequelle für dein Gehirn, das über das Blut einen ständigen Nachschub an Glukose braucht, um richtig zu funktionieren. Wenn es nicht ein Glukosemangel in deinen Muskeln ist, der Schuld an deinem Leistungseinbruch ist, ist es ein Glukosemangel in deinem Gehirn. In beiden Fällen gilt jedenfalls, dass das Risiko eines Hungerasts steigt, wenn du auf leeren Magen trainierst.

Schwache Workouts

Ein weiteres Problem an Workouts auf nüchternen Zustand ist, dass sich Fett als Brennstoff zwar eignet, aber nicht unbedingt für hochintensive Workouts. Der Prozess der Umwandlung von gespeichertem Fett in verfügbare Energie braucht länger, da er mehr Sauerstoff benötigt als die Verwertung von Kohlenhydraten. Die Energie, die durch den Fettstoffwechsel zur Verfügung gestellt wird, ist daher nicht schnell genug verfügbar, um ein hochintensives Workout möglich zu machen.  

Obwohl der prozentuale Anteil des Fettstoffwechsel an deinem Workout auf nüchternen Magen steigt, verbrennst du insgesamt weniger Kalorien. Eine vor Kurzem im British Journal of Nutrition veröffentlichte Studie stellte Folgendes fest: Probanden, deren Fettoxidierung zwar erhöht war, weil sie mit leerem Magen trainiert hatten, verbrannten während dem selben 60-Minuten-Workout trotzdem 156 Kalorien weniger, als jene, die vorher gefrühstückt hatten.(11) Am Ende ist die negative Energiebilanz (mehr verbrannte als aufgenommene Kalorien) der Schlüssel zur Gewichtsabnahme.

Vergessen wir außerdem nicht den Zusatznutzen von hochintensiven Workouts – den Nachbrenneffekt.

Der Nachbrenneffekt …

… auch als Excess Post-exercise Oxygen Consumption (EPOC) bekannt, tritt ein, wenn wir während einer hochintensiven Trainingseinheit ein Sauerstoffdefizit aufbauen. Dieses Defizit wird in den Stunden nach dem Workout ausgeglichen, indem wir mehr Sauerstoff aufnehmen, als der Körper im Ruhezustand braucht – und das lässt zusätzliche Kalorien schmelzen. Der Nachbrenneffekt macht immerhin etwa 6% deines gesamten Energieverbrauchs bei einem Workout aus.(12) Und Kleinvieh macht auch Mist, oder?

Ein letztes Wort

Ja, es stimmt, dass ein Workout auf nüchternen Magen deinen Körper auf seine Fettreserven zurückgreifen lässt. Die langfristigen positiven Auswirkungen auf deine Körperzusammensetzung und Fitness müssen aber noch bestätigt werden.  

Du kannst dir Workouts auf nüchternen Magen vorstellen, als ob du ein Rennauto im dritten Gang fahren würdest. Du sparst dabei Benzin, aber die Poleposition wirst du nicht für dich herausholen.

Wenn du deine Fitness verbessern, Muskeln aufbauen UND Kalorien verbrennen möchtest, konzentriere dich auf das Wesentliche: Setz auf mittel- bis hochintensive Workouts und den richtigen Brennstoff im Tank.

Vergiss Breakfast Skipping und entwickle lieber eine effektive morgendliche Workout-Routine mit unseren Tipps: 

Wie sieht ein effektives Workout am Morgen aus?

  • Trink mindestens 100 ml vor deinem Training. Wenn kalte Getränke deinem Magen nicht gut tun, probier’s mit etwas Warmem: Schwarzer oder grüner Tee kann deine Insulinempfindlichkeit verbessern, deinen Stoffwechsel anregen und dir beim Abnehmen helfen.(13)
  • Iss vor deinem Workout etwas. Achte darauf, dass du sowohl Kohlenhydrate als auch Protein zu dir nimmst, um die Glykogenspeicher in der Leber aufzufüllen und Muskelwachstum und -regeneration zu unterstützen. Dein Frühstück muss aber nicht riesig sein. 
  • Vermeide Fehler beim Frühstück, die in diesem Post beschrieben werden. 
  • Iss nach deinem Workout, um deine Glukosespeicher aufzufüllen und deine Muskelregeneration zu unterstützen. Dieses Rezept für einen Post-Workout-Shake ist dazu ideal. 
  • Baue eine hochintensive Übung in dein Workout ein. 
  • Trainiere mindestens 30 Minuten lang.
  • Mach eine Pause, wenn dir schwindelig oder übel wird, oder es dir nicht gut dabei geht.

Bau diese zwei vielseitigen Bodyweight-Übungen in dein morgendliches Workout ein, um Kraft, Fitness und Flexibilität zu verbessern.

1. Mountain Climbers

Diese Ganzkörperübung regt die meisten Hauptmuskelgruppen an und ist eine perfekte Ergänzung zu jedem HIIT-Workout (hochintensives Intervalltraining). Mit Mountain Climbers kannst du deine Muskelkraft und deine Herz-Kreislauf-Fitness verbessern. Pass die Dauer und Intensität der Übung an deine Ziele an.

 

2. Starfish Crunches

Der Starfish Crunches sind vielseitiger als herkömmliche Bauchmuskelübungen. Durch das Anspannen mit gestreckten und gegenüberliegenden Armen und Beinen trainierst du sowohl die Bauch- als auch die schrägen Muskeln und verbesserst gleichzeitig die dynamische Flexibilität deiner Hüftstrecker (Gesäß- und Oberschenkelmuskeln).

 

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Abe Ankers Abe, Sportwissenschaftler und Sportphysiologe, liebt Laufen und Radfahren. Außerdem teilt er sein Wissen gerne mit anderen und hilft ihnen so dabei, ihre Ziele zu erreichen. Alle Artikel von Abe Ankers anzeigen